Zukunftschancen

Arbeitsfähig durch Mut & Innovation - mit Peter Lammer und Bernhard Tichy

Episode Summary

Die beiden Gäste in dieser Episode bringen Menschen zum Schweben. Peter Lammer ist 55 Jahre alt und hatte nach einem folgenschweren Motorradunfall und einer niederschmetternden Diagnose keine Perspektive mehr. Doch sein Freund Bernhard Tichy hat das Unmögliche möglich gemacht. Dank Standing Ovation schwebt Peter wieder durch seine Küche im eigenen Restaurant. Durch das Gespräch führt Marina Herzmayer.  Dieser Podcast wird präsentiert vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft.

Episode Notes

Die beiden Gäste in dieser Episode bringen Menschen zum Schweben. Peter Lammer ist 55 Jahre alt und hatte nach einem folgenschweren Motorradunfall und einer niederschmetternden Diagnose keine Perspektive mehr. Doch sein Freund Bernhard Tichy hat das Unmögliche möglich gemacht. Dank Standing Ovation schwebt Peter wieder durch seine Küche im eigenen Restaurant. 
Durch das Gespräch führt Marina Herzmayer. 
Dieser Podcast wird präsentiert vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft

Episode Transcription

Marina Herzmayer:    Willkommen bei Zukunftschancen, dem Podcast für berufliche Perspektiven; präsentiert vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. In diesem Themenblock unseres Podcasts sprechen wir über die Inklusion aller Menschen im Arbeitskontext.

 

[Intro-Musik]

 

Marina Herzmayer:    Meine heutigen Gäste bringen Menschen zum Schweben. Peter Lammer ist 55 Jahre alt und hatte nach einem folgeschweren Motorradunfall und einer niederschmetternden Diagnose keine Perspektive mehr. Doch sein Freund Bernhard Tichy hat das Unmögliche möglich gemacht. Dank Standing Ovation schwebt Peter wieder durch seine Küche im eigenen Restaurant.

 

[Musik]

 

Marina Herzmayer:    Herzlich Willkommen, lieber Bernhard, lieber Peter! Schön, dass wir heute bei euch hier sein dürfen. Ich glaube ich war schon lange nicht mehr in so einem urigen und kultigen Restaurant. Wir sind heute im Johanneskeller in Salzburg bei euch eingeladen. Ich freue mich sehr! Schön, dass ihr da seid!

 

Peter Lammer:           Schön, dass du da bist! Ich bedanke mich!

 

Marina Herzmayer:    Peter, wie ich schon gesagt habe „… dein Restaurant wieder, deine Küche …“. Mit wie viel Leidenschaft bist denn du da herinnen tätig? Wir haben dich schon ein bisschen werken gesehen. Aber mit wie viel Freude kommst du da jeden Tag herein?

 

Peter Lammer:           Ich komme seit – jetzt muss ich überlegen, was ich sage – 2016 im Oktober, seitdem ich meine kleine Maschine in der Küche habe, komme ich mit 150 Prozent hier in diese Küche und in dieses Restaurant.

 

Marina Herzmayer:    Mhm. Bernhard, wie oft darfst du die Kochkünste vom Peter genießen da herinnen?

 

Bernhard Tichy:         Oft! Ich habe schon lange nichts mehr für das Essen bezahlt.

 

Marina Herzmayer:    [lacht]

 

Bernhard Tichy:         [lacht] Seit 2016. [lacht]

 

Marina Herzmayer:    Wie habt ihr beide euch eigentlich kennengelernt? Habt ihr euch vorher auch schon gekannt?

 

Bernhard Tichy:         Meine Frau hat beim Peter gearbeitet und ich habe einmal zwischenzeitlich das Studieren ausprobiert … Kunstgeschichte. Und in dieser Zeit bin ich relativ oft in den damaligen Zirkelwirt eingekehrt und da habe ich meine Frau kennengelernt und auch den Peter. Ja, das sind jetzt 16 Jahre in etwa.

 

Marina Herzmayer:    Also verbindet uns drei nicht nur die Liebe zum guten Essen, wie wir schon sehen. Wir sind ja heute aus einem anderen Grund da, der leider eine tragische Vorgeschichte hat. Peter, erzähl doch einmal kurz was dir passiert ist.

 

Peter Lammer:           Kurz zusammengefasst: 2010 war es ein schwerer Motorradunfall, wo ein junger Mann mich übersehen hat. Er hat mir den Vorrang genommen und hat mich vom Motorrad runtergeholt. Das hat zur Folge gehabt, dass ich dann im Krankenhaus aufgewacht bin. Im Krankenhaus war ich dann bereits schon zwei Mal operiert und habe dann eigentlich einen Leidensweg gehabt von Oktober 2010, bis ich dann wieder nachhause durfte. Das war im Mai 2011. Also da lag eine Menge Zeit inzwischen … von Operationen, Reha-Aufenthalten und dergleichen.

 

Marina Herzmayer:    Was war denn deine Diagnose nach diesem Unfall?

 

Peter Lammer:           Die Diagnose war niederschmetternd, weil es gleich am Anfang geheißen hat, dass ich nie wieder laufen können werde; dass ich nie wieder stehen können werde und dass ich auf keinen Fall meinen Job ausüben werden könne. Und das war eine ganz grausliche Nachricht für jemanden, der Mitten im Leben steht. Ich war damals 44 Jahre, habe eine Kochagentur gehabt mit 86 Mitarbeitern, habe ein Restaurant gehabt mit 15 Mitarbeitern und habe zu dem Zeitpunkt drei Kinder gehabt. Also es war einfach eine Katastrophe. Es ist wirklich von einem Tag auf den anderen kein Stein mehr auf dem anderen gelegen. Grauslich. Schirch. Wünsche ich niemandem!

 

Marina Herzmayer:    Wünscht man niemanden und trotzdem passiert es viel mehr Menschen als man immer glaubt. Wie nimmt man so eine Nachricht auf? Ich stelle mir das psychisch unfassbar belastend vor. Wie bist du damit umgegangen? Wie sind dann so die ersten Tage und Wochen, wo man es dann wirklich realisiert? Wie war das bei dir?

 

Peter Lammer:           Am Anfang war es nicht so schlimm, weil am Anfang bekommt man ganz tolle Medikamente namens Morphium. Da ist man in einem Glückszustand und man glaubt, dann wieder einen Tanzkurs besuchen zu können. Was natürlich alles nicht stimmt und was auch nicht funktioniert. Es kommt dann die Ernüchterung, wenn man versucht vom Bett in den Rollstuhl zu kommen. Dann weiß man aber schon: Wie soll man denn aus dem Rollstuhl in eine Küche kommen? Also da weiß man dann schon, dass die anderen vielleicht Recht haben … das wird nichts mehr. Vielleicht haben die anderen Recht. Und da braucht es dann immer wieder eine Überprüfung. Es braucht Konsequenz und es braucht auch den grauslichen Kampf im Kopf. Ich nenne das einfach Depression. Es kommt zu suizidalen Gedanken. Man will nicht mehr. Aber ich habe das glaube ich immer so gemacht … Ich habe gesagt: „Machen wir einen Schritt nach dem anderen.“ Der erste Schritt war aus dem Bett hinaus in den Rollstuhl, vom Rollstuhl zu den Krücken. Das waren die Schritte.

 

Marina Herzmayer:    Bernhard, wie bist du in der Zeit mit dem Peter umgegangen? Wie hast du ihn erlebt? Wie war es, das als Freund mitzutragen?

 

Bernhard Tichy:         Ahm, unsere Beziehung, unsere Freundschaft ist eher ein bisschen später entstanden. Wir haben uns natürlich gekannt, aber ich habe dann mein Studium abgebrochen und bin dann auch nicht mehr so oft in sein Restaurant gekommen. Ich habe das dann eigentlich – den Unfall selber und gerade die erste Zeit, wie er im Krankenhaus war, also die erste Zeit … die lange Zeit, die er im Krankenhaus war – gar nicht mitbekommen. Bis eigentlich zu dem Moment, wo der Peter dann schon am Aufgeben war. Weil er hat mir einmal gesagt, das ist so der letzte Strohhalm gewesen. Er hat mich angerufen und hat gesagt: „Hey Berni, ahm … entweder du hängst mich auf oder ich häng mich auf.“ Ich habe noch nicht einmal gewusst, worum es überhaupt geht…

 

Peter Lammer:           Das war im Frühling 2016. Das war die zehnte Operation. Und da war für mich klar, ich halte diesen Schmerzzustand nicht mehr aus und ich will unbedingt wieder arbeiten. Und ich habe vorher schon gearbeitet … eine Stunde, zwei Stunden. Und immer viele Medikamente. Es war wirklich eine ganz düstere Zeit. Und dann war das eben 2016. Da kam der Berni ins Spiel. Und der ist mir dann eingefallen. Und ich war auch wirklich schon so weit … Ich war schon so lebensmüde, dass ich mir echt überlegt habe, dass ich jetzt einfach aufhöre zu leben, weil es keine Freude und keinen Sinn mehr gibt. Du stehst auf, dir tun die Füße weh, alleine der Weg zur Toilette ist unangenehm … grauslich. Und dann war das wirklich ein Strohhalm. Es war wirklich so. Ich habe gesagt: „Berni, ich häng‘ mich auf, oder du hängst mich auf.“

 

Bernhard Tichy:         Zur Erklärung: Der Peter hat gewusst, wie ich mein Geld verdiene. Das ist zu dem damaligen Zeitpunkt nicht indem gewesen, dass ich Sachen erfinde, sondern ich betreibe ein Ausflugsziel in Salzburg. Ich bin, wenn man es so nennen kann, Spezialist für vertikale Zugangstechniken, ich bin Industriekletterer, ich baue Hochseilgärten, ich baue Flying-Fox oder Zipline-Anlagen und bin Schluchtenführer. Also ich komme eigentlich mehr aus dem Tourismus als wie aus der Medizin-Sparte. Aber der Peter ist vorher immer schon sehr sportlich ambitioniert gewesen als Snowboarder, als Paragleiter, als Kletterer und er war ein begeisterter Wanderer. Und er hat gesagt, wenn die herkömmlichen Mittel nichts hergeben, dann müssen wir irgendetwas basteln. Und so ist er auf mich gekommen und hat gesagt: „Hey Berni, du arbeitest mit so komischen Gurten und Seilen … mach was!“ Und so hat das angefangen. Und so hat sich unsere Beziehung so weit intensiviert, dass eigentlich mittlerweile eine richtig, richtig, richtig dicke Freundschaft daraus geworden ist.

 

Marina Herzmayer:    Ich finde das wunderbar. Das ist so dieser positive Dickschädel, wenn man das so nennen darf, oder? Wenn alles dagegenspricht, dass man trotzdem sagt: „Ich glaube da gibt es eine Möglichkeit oder eine Lösung.“, die dich trotzdem den Bernhard anrufen lassen hat.

 

Peter Lammer:           Ich verwehre mich mit dem Begriff Dickschädel. Ich nenne das einfach ein Überprüfen; und zwar ein konsequentes Überprüfen und das Ausreizen der Überprüfung bis zum Schluss, bis die Lösung da ist. Ich finde der Dickschädel klingt immer so negativ. Es ist überhaupt nicht negativ. Es ist die Konsequenz, die einen vorantreibt. Mit all ihren Erfolgen und mit all ihren Misserfolgen.

 

Bernhard Tichy:         Und doch hat er einen positiven Dickschädel. [lacht]

 

Marina Herzmayer:    [lacht]. Bernhard, jetzt denke ich mir aber trotzdem, du bekommst den Anruf eines Freundes, der sagt: „Entweder ich hänge mich auf, oder du findest eine Lösung für mich oder wir finden eine Lösung.“ Ist das auch eine riesengroße Verantwortung und ein großer Druck für dich gewesen? Oder war da sofort der Gedanke ‚Gemeinsam werden wir das irgendwie schaffen‘?

 

Bernhard Tichy:         Das mag jetzt vielleicht desillusionierend wirken, weil es war für mich primär gar nicht den Peter sein Schicksal, um ihm zu helfen und habe mir dementsprechend auch gar nicht so eine große Verantwortung aufgeladen. Sondern ich bin einfach irrsinnig hartnäckig, wenn es um eine Problemlösung geht, egal bei was ich mache. Und ich habe da meine Herausforderung gesehen in dem, dass es nichts gibt und meine Motivation darin, etwas zu finden, wie man das lösen kann. Und dass wir das geschafft haben, das war … Ich habe ja sehr klare Anweisungen gehabt. Er hat immer gesagt: „Das geht nicht. Mach was. Das geht nicht. Mach was. Das funktioniert nicht. Mach was.“ Und ich habe versucht mich dem so gut wie möglich anzupassen und so ist doch in relativ kurzer Zeit eine sehr primitive Ausführung von Standing Ovation entstanden. Also wir haben ursprünglich mit einem Klettergurt angefangen, in den wir ihn hineingehängt haben, an einer Schiene. Das ist glaube ich nicht einmal 15 Minuten gut gegangen, weil natürlich der Klettergurt, wenn man da drinnen sitzt, die Beine einschnürt und die Durchblutung unterbindet. Das hat überhaupt nicht funktioniert. Dann haben wir es mit einem Sitzbrett probiert, wo er dann gleich einmal … [lacht] … Ok, das führen wir nicht weiter aus. Es hat auch nicht funktioniert. Er hat gesagt: „So kann ich nicht arbeiten. Da bin ich festgemacht. Ich kann mich nicht drehen. Ich komme nirgends hin.“ Dann sind wir einmal kurz fast abgebrannt, weil er seinen Kochlöffel auf die Herdplatte geschmissen hat und nicht mehr dazugekommen ist, weil wir noch zu wenig Bewegungsfreiheit gehabt haben. Dann hat auch das gelöst werden können und so haben wir uns herangetastet. Dann ist es weitergegangen: „Ich komme nicht zu dieser Schublade da unten.“ und „Ich komme nicht zu dem Kochlöffel da oben.“ und „Ich komme von der einen Station nicht zur anderen.“. Und so ist das eigentlich gewachsen. Und so ist dann aus einem Klettergurt und einem Sitzbrett ein C-förmiger Bügel geworden mit einem Fahrradsattel, mit dem man rauf und runter fahren kann und aus einer Schiene sind drei Schienen geworden. Schlussendlich haben wir es wirklich geschafft, alle diese Bedürfnisse zu erfüllen. Das letzte, das dann noch dazugekommen ist war, dass er sich nicht anschnallen kann. Denn er muss ja etliche Male aufstehen und Gegenstände holen, die er nicht in der Küche hat. Er hat nämlich noch einen Zubereitungsraum neben der Küche. Und wortwörtlich: „Ich kann mich nicht mit dem Scheiß dauernd anhängen. Mach irgendetwas, damit ich mich nicht anhängen muss.“ Dann haben wir auch das noch gelöst und ja … so ist das Gerät entstanden.

 

Marina Herzmayer:    Mhm. Jetzt ist Standing Ovation schon viele, viele Jahre bei dir im Einsatz; unter anderem bei dir im Restaurant. Für viele Leute ist glaube ich Arbeit so eine Selbstverständlichkeit. Manchmal vielleicht sogar eine lästige Selbstverständlichkeit. Du kannst jetzt wieder arbeiten, dank Standing Ovation. Welche Bedeutung hat das für dich, dass du jetzt wieder diese Selbständigkeit erlangt hast, wo jeder gesagt hat: „Das geht nie wieder.“

 

Peter Lammer:           Was ist ein Lotto-Sechser? Ein Lotto-Sechser ist das, was ich jetzt habe. Denn ich habe genau das, was mir alle verwehrt haben: „Du wirst das nicht mehr machen können; das nicht mehr machen können und das nicht mehr machen können.“ Und jetzt sage ich: „Naja, schau doch. Ich mache jetzt genau wieder das, was ich vorher gemacht habe und ich mache es schneller und gesünder als je zuvor.“

 

Marina Herzmayer:    Und wie war das … also wir haben jetzt viele Stufen gehört. Insgesamt waren es glaube ich zirka drei Monate, die ihr dafür nur gebraucht habt, um Standing Ovation zu kreieren. Wie auch immer das damals ausgesehen hat. Wie war für dich dieser Moment, in dem du gemerkt hast, dass es doch noch geht? Wo ihr gesagt habt: Wir bekommen da etwas hin. Es wird von Stück zu Stück besser und wenn ich sage“Mach was draus“, dann macht der auch was draus?

 

Peter Lammer:           Es war ab dem Zeitpunkt für mich eine unheimlich glückliche und glorreiche Zeit. Weil als Patient oder Unfallopfer bist du im Grunde genommen immer alleine. Das heißt, der Arzt sagt zu dir: „Wir haben einen Rollator für dich. Oder eine Krücke. Und wir habe auch Medikamente.“ Das war es dann aber. Dann gehst du wieder hinaus und plötzlich hast du einen Partner, der mit dir die Birne … oder den Kopf einschaltet – Entschuldigung [lacht] – und mit dir gemeinsam nach Lösungen sucht. Und dann bist du plötzlich mit deinem Problem nicht mehr alleine. Und jeder Tag … Ich weiß nicht, wie viele Stunden wir am Tag telefoniert haben. Wir haben ganz viel Feuerwerk im Kopf gehabt. Also es ist immer wieder eine Idee im Kopf aufgestiegen und dann haben wir schon telefoniert. Wie wäre es wenn …? Also immer: probieren – überprüfen – gut? Dann beibehalten. – Schlecht. Dann weg. Neue Idee. Das war für mich eine spannende Zeit. Ich glaube, ich habe noch nie so wenig geschlafen. Es war super. Also wirklich. Es war eine Riesen-Hetz. Manchmal mit ein bisschen Ärger.

 

Marina Herzmayer:    Das gehört dazu, gell? [lacht]

 

Peter Lammer:           [lacht] Wenn es nicht funktioniert hat, wie ich es mir vorgestellt habe.

 

Marina Herzmayer:    Jetzt kann man auf jeden Fall sagen, Standing Ovation hat dein Leben definitiv wieder verändert. Wie würdest du sagen, hat Standig Ovation aber dich verändert? Wie du Sachen siehst? Dieses Teilhaben am normalen Leben, aufrecht zu stehen … Wie schätzt du was wert?

 

Peter Lammer:           Die Wertschätzung ist enorm. Denn wenn man dir etwas wegnimmt und dir sagt, dass du das nie wieder bekommen wirst – egal was es ist – und du sehnst dich aber danach und du schaffst es dann tatsächlich, das wieder zu bekommen … Dann denkst du dir natürlich … Ja, es ist mein Lotto-Sechser. Es ist einfach so. Es ist ein unheimlich angenehmes und glückliches Gefühl. Und ich möchte noch einmal die Schleife schaffen zu diesen depressiven Phasen vorher. Ich bin in meinem Kopf da in diesem Büro für lebensmüde Angelegenheiten gesessen. Wie schaffe ich es denn und wie setze ich es denn um, dass ich mich umbringe? Wie mach ich denn das? Das kostet ja Kraft. Und dieses Büro habe ich nicht verlassen können. Diese Lebensmüdigkeit ist einfach zur Lebensfreude, gekippt. Und das ist ein unheimlich schönes und angenehmes Gefühl. Und ich verstehe jeden – und ich habe viele kennengelernt – die aufgegeben haben.

 

Marina Herzmayer:    Ich möchte jetzt – wenn das für dich in Ordnung ist – … Bernhard hat mir im Vorgespräch etwas erzählt. Es war ja nicht nur die Arbeit, die in dieser depressiven Phase drinnen war. Das geht von der Familie … dein ganzes Leben ist eigentlich zusammengebrochen. Wie war denn das?

 

Peter Lammer:           Es ist alles zusammengebrochen. Es gibt so einen lapidaren Satz von einem Psychologen aus einer Reha-Klinik, wo ich sehr lange war. Er hat gesagt: „Bei diesen Krankheiten und Unfällen gehen 50 Prozent der Beziehungen in die Brüche. Und die anderen 50 Prozent schweißt es zusammen.“ Das grausliche daran war, wenn du sechs bis sieben Monate in so einer Einrichtung bist und du immer nur die 50 Prozent siehst, die es zusammenschweißt, und deine eigene Beziehung den Bach hinunter geht. Das ist wirklich eine sehr anstrengende und grausliche Zeit gewesen.

 

Marina Herzmayer:    Also es hat auch viel im privaten Bereich getan?

 

Peter Lammer:           Es war alles kaputt.

 

Marina Herzmayer:    Mhm.

 

Peter Lammer:           Kein Haus. Keine Kinder. Kein Job. Kein Autofahren. Nichts. Null. Und immer abhängig. Und das für jemanden, der eigentlich selbständig ist und immer alles alleine in der Hand gehabt hat.

 

Marina Herzmayer:    Ja, das ist eine unfassbar positive Entwicklung, die es Gott sei Dank genommen hat. Wir haben jetzt viel über dich im Restaurant mit Standing Ovation gesprochen. Inzwischen gibt es aber ein viel größeres Feld. Ich würde einmal sagen, dass wir einmal in Reha-Sektor anfangen. Wo findet Standing Ovation inzwischen überall schon den Einsatz?

 

Bernhard Tichy:         Wir haben noch gar nicht darüber gesprochen … das ist ja ein Podcast und nicht jeder hat die Möglichkeit das zu sehen. Ganz einfach ausgedrückt ist Standig Ovation ein Deckenliftsystem mit einem Bügel, auf dem ein Fahrradsattel drauf ist. Auf dem sitzt man und der nimmt dann das Körpergewicht von den Beinen weg. Das heißt, die Beine sind entlastet und das ist tatsächlich das einzige Gerät am Markt, welches es gewährleistet, die Beine zu entlasten, während gleichzeitig die Hände frei sind. Was eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass man damit arbeiten kann. Also, dass die Hände frei sind. Und da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum Beispiel das an der Decke zu montieren oder das von Wand zu Wand zu spannen oder auf einem Schwenkarm oder freistehend. Es gibt verschiedene Möglichkeit das technisch zu lösen. Es sind auch ganze Wohnungsumbauten möglich von Mehrschienensystemen und Einschienensystemen. Das ist einmal so die Grundidee von Standing Ovation. Gebaut haben wir es für den Peter. Es wurde defacto Inklusion umgesetzt. Wir haben einen Menschen mit einer 80 prozentigen Behinderung, dem es laut Stand der Technik und Medizin verwehrt geblieben wäre, einen stehenden Beruf auszuüben, wieder zurückgebracht in genau diesen stehenden Beruf; nämlich in einer Küche. Und jeder kann sich vorstellen, dass Kochen im Sitzen schwierig ist. Und wenn man das ganze professionell in einem Restaurant macht, wo man drei- bis vierhundert Essen kocht, dann ist das undenkbar. Und das bewerkstelligt der Peter. Wir haben in relativ kurzer Zeit dann wahrgenommen, dass der Peter keine Schmerzmedikamente mehr braucht, weil der Fuß nicht mehr so anschwillt. Und dass der Peter keine Rückenschmerzen mehr hat, die ihn und wahrscheinlich ganz viele Köche auf dieser Welt begleiten, weil das einfach eine anstrengende Arbeit ist für die Lendenwirbelsäule. Jeder der gesund ist, weiß, dass nach spätestens drei bis vier Stunden die Beine anfangen zu ziehen oder zu schmerzen, wenn man steht. Und das hat es eigentlich beim Peter nicht gegeben. Wir haben das Glück, dass im Johanneskeller ganz, ganz viele Gäste die Möglichkeit haben dem Peter beim Arbeiten zuzusehen, weil sie eine offene Küche haben. Und dann gibt es natürlich wahnsinnig viel Wertschätzung und Ideen von Gästen, die das sehen. Und Peters ältester Sohn ist Physiotherapeut, mein Bruder und meine Tante sind auch Physiotherapeuten. Das ist immer praktisch, wenn man so jemanden in der Familie hat. Und natürlich haben die das auch mitverfolgt. Und es ist relativ schnell klar geworden, dass sich das durch die Entlastung eigentlich positiv auf Peters Gesundungsgang ausgewirkt hat. Denn er bewegt sich viel mehr. Dadurch, dass die Schmerzen reduziert sind, ist er motiviert sich mehr zu bewegen. Und das ist ja im Sinne der Therapie etwas Positives. Der Fuß schwillt nicht mehr so an und die Schmerzen sind weniger. Das sind alles Kriterien oder Faktoren, von denen man sagt, dass man damit wieder gehen lernen könnte. Der Peter hat es ja auch damit begleitend wieder gelernt. Dann sind wir über Freunde und Bekannte an die Paracelsus Medizinische Universität gekommen, wo wir persönlich einen Wissenschaftler kennen, der dort arbeitet. Der hat das seinem Chef vorgestellt und der hat das dann wiederum an die AUVA, also Österreichs größte Unfallversicherung, herangetragen. Und dann hat es sich 2019 ergeben, dass wir ein Gerät zur Evaluierung ins Reha-Zentrum Bad Häring, unter der Leitung von Primar Dr. Huber, montieren durften; in der Ergotherapie Holzwerkstatt. Und dort hängt das jetzt seit 2019. Sie machen dort trainingstherapeutische Gangschulung und gewöhnen zum Beispiel auch Patienten mittlerweile an ihre Prothesen. Im Reha-Bereich werden die Patienten zusätzlich gesichert mit verschiedenen Möglichkeiten. Je nach Einschränkungsgrad gibt es da einen Hüftgurt, der das Kippen verhindert oder einen Brustgurt, der das Herabstürzen verhindert oder spezielle Sättel, die in der Rumpfstabilität unterstützen. Und so wird das dort eingesetzt mit eigentlich sehr, sehr positivem Feedback. Die haben Patienten mit inkompletten Querschnitten. Das sind eigentlich Menschen, die sind 100 Prozent behindert, haben aber Restmobilität in den Beinen. Und die können in dieser Ergotherapie Holzwerkstatt aufrecht arbeiten, Therapie-Arbeiten. Also obwohl sie normalerweise im Rollstuhl sitzen würden, sind sie dort aufrecht, holen sich ihre Werkstücke selbständig, holen sich ihr Werkzeug selbständig, können auch die oberen Reihen des Regals erreichen; sie erreichen auch das Werkzeug, das überall herumsteht. Und das ist eine gewaltige Autonomie, was diesen Patienten dort vermittelt wird. Also das war unser erster therapeutischer Einsatz im Reha-Zentrum Bad Häring. 

 

Peter Lammer:           Und – das ist für mich wichtig – Menschen, die lange im Rollstuhl sitzen und plötzlich dann aufrecht sind, die sind dann face to face. Und das ist Balsam für die Seele.

 

Marina Herzmayer:    Auf Augenhöhe zu sein.

 

Peter Lammer:           Auf Augenhöhe.

 

Marina Herzmayer:    Also Ergotherapie, Physiotherapie, inkomplette Querschnittslähmungen … all das könnt ihr damit bedienen. Ich habe auch ein Video gesehen, von einem Herren, mit einem amputierten Bein. Auch da ist, glaube ich, Standing Ovation im Einsatz?

 

Bernhard Tichy:         Also generell die Funktion des Gerätes ist es, die Beine zu entlasten. Auch wenn man keine hat, gibt es dann keine Belastung dort. Und somit werden auch Stumpfpatienten mit dem Gerät therapiert und an ihre Prothesen gewöhnt – das habe ich schon angesprochen. Darüber hinaus gibt es auch noch eine ganz schöne Erkenntnis: Die BG Unfallklinik Murnau gilt als größte Unfallklinik Bayerns und hat weltweit Bekanntheit. Die haben das Gerät über zwei Jahre lang getestet und haben sich jetzt für eine Anschaffung entschieden. Und die sprechen wirklich von Gesundungserfolgen bei Patienten, die das Gerät nutzen. Die Patienten werden so weit unterstützt und im Kopf auch freigemacht, weil sie keine Angst mehr vorm Stürzen haben, dass sie sich voll und ganz auf die Tätigkeit, die sie verrichten, konzentrieren können, wodurch reaktive Prozesse in Gang gesetzt werden. Also das Körperbewusstsein macht es, dass der Muskel automatisch Bewegungen, die über Jahrzehnte trainiert worden sind, macht. Aber nur, wenn der Kopf frei ist. Und das wird oft unterbunden durch Angst. Dazu kommt im Reha-Bereich noch, dass seit eineinhalb Jahren das Gerät im AKH in Wien zu einer Evaluierung hängt. Die versuchen zum Beispiel alternativ oder komplementär zur Wassertherapie Möglichkeiten zu finden. Patienten, die zum Beispiel dermatologische Probleme haben und nicht ins Wasser dürfen oder sie suchen nach günstigeren Möglichkeiten, um diese Patienten unter Körpergewichtsentlastung therapieren zu können. Weil einfach ein Therapiebecken für viele Kliniken sehr teuer in der Anschaffung und der Erhaltung ist. Und das sind eigentlich so die therapeutischen Ansätze, die wir jetzt verfolgen. Unser großes Leidwesen, wie bei vielen anderen auch, waren die letzten beiden Jahre der Pandemie. Weil es in sämtlichen Reha-Zentren einen Therapiestopp gegeben hat und somit natürlich auch die Patienten gefehlt haben, um diese zu therapieren. Aber mit Anfang dieses Jahres hat das Ganze wieder angefangen und wir freuen uns über reges Interesse aus diesen Bereichen.

 

Marina Herzmayer:    Jetzt gibt es aber auch einen Punkt und der ist traurig, aber man muss ihn wirklich ansprechen, um ihn einfach sichtbar zu machen: Ihr arbeitet inzwischen seit vielen Jahren mit diesem Produkt, das so vielen Menschen hilft; dass so viele Menschen – ich habe Videos von euch gesehen – Tränen in den Augen haben, die endlich wieder auf Augenhöhe waren und am normalen Leben teilnehmen konnten. Und trotzdem habt ihr eine traurige Tatsache entdeckt, warum manche Menschen sich euch gar nicht noch einmal zuwenden, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben in den letzten Jahren. Wie habt ihr da …?

 

Bernhard Tichy:         Also wie der Peter das zuerst angesprochen hat: So ein Unfall ist ein wahnsinnig einschneidendes Erlebnis und langwierig und da geht man durch Höhen und Tiefen. Die meisten haben mehr Tiefen als Höhen und das frustriert enorm. Man hat enorm viel Hoffnung in jede einzelne Maßnahme, die man versucht zu ergreifen. Und wenn die nicht aufgeht, dann demoralisiert das und dann verlässt einen unter Umständen auch der Mut. Also wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Patienten oft jahrelange – eineinhalb, zwei, zweieinhalb Jahre lang – von der Existenz dieser technischen Möglichkeit wissen, aber nicht den Mut haben, zu uns zu kommen, sich das anzusehen, sich draufzusetzen und das auszuprobieren, weil die Angst vor einem neuerlichen Scheitern oder einer neuerlichen Enttäuschung besteht. Um sich diesem nicht auszusetzen, schauen sie es sich lieber gar nicht an. Das nächste ist, dass ganz viele Menschen gar nicht wissen, dass Gott sei Dank unser Sozialstaat ein Gesetz hat, wonach Menschen mit speziellen Bedürfnissen einen Anspruch auf technische Unterstützungen haben, die in der Lage sind, diese Einschränkung zu kompensieren. Egal, ob das ein Hörgerät ist, ob das ein Computer für Blindenschrift ist, ein Rollstuhl oder eine technische Unterstützung wie Standing Ovation, ist. Sofern die Möglichkeit gegeben ist, mit dieser technischen Unterstützung die Einschränkung am Arbeitsplatz zu kompensieren, wird die auch finanziert oder zumindest stark subventioniert. Und das ist gleich der nächste Punkt warum viele vielleicht gar nicht erst in Erwägung ziehen, sich Standing Ovation anzusehen, oder wahrscheinlich auch viele andere technische Hilfsmittel, weil sie Angst haben vor den Kosten. Und auch da kann man sagen, dass es eine breite Förderlandschaft in Österreich gibt, die hier unterstützt. Sofern man sich die Arbeit macht, sich auf den Weg zu machen, herauszufinden, welcher dieser Töpfe für mich zu beziehen ist.

 

Marina Herzmayer:    Peter, du hast es selbst erlebt, dieses ‚Immer wieder funktioniert es nicht.‘ Und irgendwann gibt es aber doch diese Hilfe, die du jetzt bei dir hast. Du lädst glaube ich auch die Leute ein, einfach herzukommen und sich das anzusehen. Egal, wenn es der fünfhundertste Punkt ist, der nicht funktioniert hat … vielleicht ist Standing Ovation der fünfhunderterste. Aus deiner Sicht, was würdest du diesen Menschen gerne mitgeben die sagen: „Ach, das kenne ich schon alles. Das hilft mir nicht mehr.“

 

Peter Lammer:           Die Angst vor Veränderung zur Seite schieben. Denn ein wesentlicher Punkt ist, wenn ich in so einer Situation bin, muss ich mich mit so einer Mobilmachung anfreunden. Es ist etwas Neues. Es ist nicht so kompliziert. Es ist so einfach zu lernen, wie Fahrradfahren. Oder noch einfacher zu lernen wie Radfahren. Man muss nicht Eislaufen, Snowboarden oder im Tiefschnee fahren. Es ist eine relativ simple Anlage. Es ist machbar und es ist lernbar. Aber ich weiß von Mitpatienten, die einfach Angst haben. Die haben durch ihr Erlebnis schon so viel Angst, dass sie sich dann nicht trauen, sich da drauf zu setzen. Und dann gibt es noch die anderen, die sagen: „Ich will das gar nicht. Es geht mir eh so gut. Ich bleib lieber zuhause.“ Wir können niemanden zwingen. Aber die Botschaft ist wirklich: Ich will alle anstiften. Wenn jemand unzufrieden ist mit seiner Situation und die ist körperlich bedingt, dann haben wir da eine Anlage, wo man überprüfen kann, ob das nicht etwas für die Zukunft wäre.

 

Marina Herzmayer:    Mhm. Und jetzt hat sich noch – und das finde ich zeigt auch ein bisschen die Qualität des Produktes – ein Punkt herauskristallisiert, mit dem ihr eigentlich gar nicht gerechnet habt: nämlich der Einsatz im Bereich der Industrie.

 

Bernhard Tichy:         Generelle nennen wir das einfach …

 

Peter Lammer:           Nischenprodukt. Abfallprodukt.

 

Bernhard Tichy:         [lacht] Genau. Der Peter sagt immer, die Prävention ist unser Abfallprodukt [lacht]. Weil durch die allgemeine Entlastung, die das Gerät vermittelt – rein nur durch das, dass das Körpergewicht von den Beinen genommen wird, durch das, dass wir nicht sitzen und nicht stehen, sondern man steht im Sitzen – wird der Körper und die Wirbelsäule so weit entlastet, dass man später ermüdet. Und durch einfache Handgriffe, nämlich das Heben oder Senken des Sattels, kann man auch eine gerade Lendenwirbelsäule gewährleisten. Das heißt, wenn man vorher beim Zwiebel schneiden sich bücken hat müssen oder vielleicht eben in der Industrie auch unterschiedlich große Personen auf der gleichen Arbeitshöhe arbeiten müssen, was natürlich zu Beschwerden und zu Schmerzen führt … das kann man damit sehr einfach kompensieren. Dazu kommt, dass auch ein ganz großes Thema in der Arbeitsmedizin oder in der Abnützung unseres Bewegungsapparates beim Arbeiten, die Bandscheiben sind. Das heißt, Drehbewegungen und Scherbewegungen unter Belastung, das ist eigentlich mit dem Gerät nicht mehr möglich. Denn wenn man falsch hebt, dann fällt man hinunter. Also man muss sich immer richtig positionieren. Jeder kenn das „richtige Heben“. Das geht da gar nicht mehr anders. Und darauf gekommen sind wir eigentlich auch, dass das nicht nur für betroffene Menschen ist, weil in der Sekunde wo der Peter aufsteht, sitzt einer seiner gesunden Mitarbeiter drauf. So schnell kann man gar nicht schauen. Die haben auch schon herausgefunden in den letzten Jahren, dass es angenehmer ist, wenn man bei acht Stunden Arbeit sich zumindest nur für wenige Momente entlasten kann, ohne dass man jetzt in seiner Tätigkeit eingeschränkt wird. Und somit haben wir jetzt auch die ersten Einsatzgebiete in der (Stahl-)Industrie bedienen können. Man kann sagen, dass jeder Dauersteharbeitsplatz unter zwanzig Quadratmeter prädestiniert ist für den Einsatz. Egal ob eingeschränkt oder gesund. Denn wenn man es nicht braucht, nimmt man es nicht her und wenn man mehr entlasten will, dann entlastet man mehr und wenn man weniger entlasten möchte, dann entlastet man einfach weniger. Und wenn man es gar nicht braucht, dann hängt man den Bügel einfach aus und stellt es zur Seite. Es ist auch teamfähig, wie man sieht. Der Peter in der kleinen Küche … wen das interessiert, unter www.standingovation.at gibt es Videos, wo man den Peter auch in der Küche arbeiten sieht. Die arbeiten dort zu viert auf engstem Raum. Und das ohne, dass man die Kollegen beeinträchtigt oder gefährdet.

 

Marina Herzmayer:    Und Bernhard, rückblickend gesehen aus diesen ganzen Jahren und dieser ganzen Geschichte … Was ist es, dass du dir mitnehmen kannst? Was hast du daraus gelernt?

 

Bernhard Tichy:         Ahm … Selbstvertrauen, Selbstwert. Wenn man etwas schafft, von dem einem gesagt wird, dass es nicht schaffbar ist, dann ist das ein schönes Gefühl. Das gibt irrsinnig viel Selbstvertrauen. Ich war generell immer schon – wie soll ich sagen – gut bedient mit Selbstvertrauen, aber es ist einfach etwas, auf das man sich immer wieder zurückberufen kann. Man hat etwas geschafft, von dem dir gesagt wird, dass es nicht schaffbar ist. Und mittlerweile ist Standing Ovation ein zertifiziertes Medizinprodukt. Wir haben die Zertifizierung selbst gemacht. Wir sind beide absolute Quereinsteiger … wir haben einen Koch und einen gelernten Tischler … Also wir haben uns wirklich alles selbst erarbeiten müssen und das ist eine Leistung, auf die ich für mich selber stolz bin. Noch etwas anderes … Ich bin unglaublich gesegnet damit, dass ich den Peter kennenlernen durfte. Jeder kennt das, man hat einen schlechten Tag und einmal geht es nicht so leicht. Und das, was aber der Peter da mit dieser Einschränkung leistet, das ist einfach inspirierend. Und es nimmt auch irgendwie die Berechtigung zum Sudern, weil der Peter sagt immer …

 

Peter Lammer:           Nein, sag das jetzt ja nicht [lacht]

 

Bernhard Tichy:         [lacht] Der Peter sagt immer so schön: „Erfolg ist, einmal öfter aufzustehen als hinzufallen.“ Und das muss man sich … Aus seinem Mund ist das etwas sehr Beeindruckendes oder Ehrliches. Und da kann man sich dann selber auch ein bisschen an der Nase nehmen und das macht einen dann glaube ich zu einem besseren und stärkeren Menschen.

 

Marina Herzmayer:    Peter, was würdest du sagen: Hast du in der Zwischenzeit mit dem Unfall Frieden schließen können?

 

Peter Lammer:           Mit dem Unfall selber habe ich Frieden geschlossen, noch im Krankenhaus. Weil – große Anerkennung an den Unfallverursacher – der hat sich bei mir persönlich entschuldigt. Das war ein junger Bua‘ mit 18 Jahren und der ist wirklich mit zitternder Stimme in mein Zimmer gekommen und hat mich gesehen. Und für mich war dann der Kas‘ bissen. Also ich brauche jetzt nicht mehr darüber nachdenken, warum ich und warum nicht ein anderer. Das ist jetzt so und ich muss jetzt lernen mit den Ressourcen, die mir jetzt übrigbleiben, einfach etwas zu machen. Dass das dann so lange dauert, dass habe ich natürlich nicht gewusst. Es war ein zäher Weg, aber auch ein schöner Weg.

 

Marina Herzmayer:    Vielen herzlichen Dank Peter Lammer und Bernhard Tichy.

 

[Musik]

 

Marina Herzmayer:    Herzlichen Dank an alle Zuhörerinnen und Zuhörer. Wenn euch der Podcast gefallen hat, bewertet ihn bitte auf Apple Podcast oder Spotify. Und wenn ihr der Meinung seid, diese Folgen sollten mehr Menschen zu hören bekommen, dann empfehlt unser Format gerne weiter.

 

[Musik klingt aus]