Zukunftschancen

Zukunftschancen - mit Susanne Kraus-Winkler (Teil 1)

Episode Summary

Die neueste Episode Zukunftschancen nimmt starkem Bezug auf eine besonders wichtigen Branche, nämlich den Tourismus. Und daher ist neben Bundesminister Martin Kocher auch die amtierende Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler bei Nina Kraft zu Gast. Dieser Podcast wird präsentiert vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft.

Episode Notes

Die neueste Episode Zukunftschancen nimmt starkem Bezug auf eine besonders wichtigen Branche, nämlich den Tourismus. Und daher ist neben Bundesminister Martin Kocher auch die amtierende Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler zu Gast. 

Dieser Podcast wird präsentiert vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft.

Episode Transcription

[Intro-Musik] 

Nina Kraft: Zukunftschancen, der Podcast des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft. Ungewöhnliche Karrierewege, persönliche Geschichten und vor allem Real-Talk rund ums Thema Arbeit. Der ehrliche Blick hinter die Kulissen von personalities und Organisationen. Heute mit Bundesminister Martin Kocher und Touristikerin und Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler. Ich bin Nina Kraft. Schauen wir einmal, was die beiden heute so ausplaudern. 

[Musik] 

Nina Kraft: Liebe Susanne, lieber Martin, willkommen bei uns im Podcast. Martin, du bist ja ab sofort regelmäßig hier zu hören und wir holen uns ab sofort immer auch einen spannenden Gast zur Seite. Heute mit starkem Bezug zu einer besonders wichtigen Branche, nämlich dem Tourismus. Und da haben wir die amtierende Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler bei uns zu Gast. Hallo, auch Susanne. 

Susanne Kraus-Winkler: Hallo Nina! 

Nina Kraft: Du bist Staatssekretärin für Tourismus. Was ist ein Staatssekretär? Was macht man als Staatssekretärin eigentlich alles? 

Susanne Kraus-Winkler: Also ich bin ja Teil des Ministeriums für Arbeit und Wirtschaft und speziell für den Tourismus definiert, wenn man das so sagen kann. Ich sehe meine Aufgabe darin, eine Drehscheibe oder Plattform zwischen Branche und Politik zu sein. Ein Staatssekretär selber kann ja keine Ministerratsvorlagen machen oder Gesetze oder Verordnungen machen; sondern ich muss quasi schauen: Was braucht die Branche? Was kann die Politik dazu überhaupt leisten? Wie sollte Tourismuspolitik sich ausrichten, um in einem Land für alle, die daran beteiligt sind, erfolgreich zu sein? Und dann muss ich quasi auf verschiedensten Ebenen in unterschiedlichen Ministerien entsprechendes Lobbying machen und Verständnis dafür wecken. 

Nina Kraft: Was braucht die Branche? Ein gutes Stichwort. Auf das kommen wir heute auf jeden Fall noch zurück. Martin, jetzt liegt der Tourismus eben gesetzlich im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. Wie kann man sich jetzt ganz praktisch die Zusammenarbeit vorstellen? Wann seht ihr euch? Wie oft seht ihr euch? Wie kommuniziert ihr? 

Martin Kocher: Ja, wie in jedem Unternehmen auch, wenn es um Führungskräfte geht … Wir sehen uns sehr, sehr häufig. Natürlich bei Terminen, wo man sich immer trifft. Zum Beispiel beim Ministerrat jeden Mittwoch, wo die Staatssekretäre auch dabei sind; bei Vorbesprechungen. Aber wir haben natürlich auch interne Abstimmungstermine. In der Regel wöchentlich oder sogar öfter. Und dann noch Termine darüber hinaus mit der Branche bei Veranstaltungen. Also man hat eine sehr, sehr enge Zusammenarbeit. Obwohl natürlich jeder auch sein eigenes Team hat. Aber es geht darum, dass sich sowohl auf Ebene von uns beiden, von Susanne und mir, und auf Ebene der Teams ein Austausch an Information und ein Update ergibt, um eben genau zu wissen, wo man ansetzen muss. Es ist gerade in der Politik so, dass einfach die verschiedensten Stakeholder, wie man neudeutsch sagt, eine Rolle spielen. Deswegen ist es wichtig, die Unternehmen natürlich, aber auch alle, die Unternehmen und Arbeitnehmer/innen vertreten, das Parlament … also jede Menge an Institutionen … und da ist immer der Austausch und das Update sehr, sehr wichtig. Und das passiert glücklicherweise sehr, sehr gut. 

Nina Kraft: Und es geht auch hin und wieder gemeinsam ins Ausland. Also auch gemeinsame Reisen – wenn wir schon über Tourismus sprechen – stehen am Programm. 

Susanne Kraus-Winkler: Ja. Wir waren erst kürzlich gemeinsam in Israel. Israel ist einer der Märkte, wo wir gemerkt haben, dass Österreich plötzlich extrem nachgefragt wird. Wir haben nach Covid mittlerweile fast eine Million Nächtigungen aus Israel. Wenn man bedenkt, dass wir den noch fehlenden asiatischen Markt im Herbst und Winter 2022 in irgendeiner Form kompensieren wollten, dann ist natürlich 1,5 Millionen Nächtigungen aus China kompensiert durch eine Million Nächtigungen aus Israel, ein wichtiger Schritt gewesen. 

Nina Kraft: Mhm. 

Martin Kocher: Genau. Und bei solchen Reisen ist es oft so, dass Wirtschaftsmissionen entstehen oder wo Unternehmen teilnehmen und manchmal gibt es einen sehr starken Tourismusfokus, wenn das sinnvoll ist. Israel war so ein Beispiel und ist ganz, ganz wichtig, weil damit natürlich ein Fokus auf einen Markt entsteht und damit auch Kampagnen entstehen, der Austausch entsteht und damit auch Gäste nach Österreich gebracht werden. 

Nina Kraft: Susanne, du hast ein sehr herausforderndes Thema übernommen. Der Tourismus war sicherlich von allen Branchen am meisten betroffen in den letzten Jahren von Pandemie, Energiekosten, Inflation und Co. Gib uns ein Stimmungsbild. Lass und Mäuschen spielen … wie ist die Lage? 

Susanne Kraus-Winkler: Ja, stimmt. Es war eine extrem schwierige Zeit. Ich war ja in der Zeit, wie Covid begonnen hat, noch in der Wirtschaftskammer als Fachverbandsobfrau für die Hotellerie und daher damals schon sehr eng mit den politischen Vertretern in der Problemlösung. Nach Covid, jetzt als Staatssekretärin für Tourismus, in einer anderen Aufgabensituation, aber wieder: multiple Krisen, Ukraine-Krieg … Also wir sind quasi aus den Herausforderungen gar nicht herausgekommen. Was besonders schwierig war, war die Energiekrise und die damit zusammenhängende Teuerung für den Tourismus. Was sehr, sehr schön war – und das prägt auch die Stimmung – ist, dass der Tourismus eben sehr widerstandsfähig ist und das auch gezeigt hat. Wir haben, wenn man sich die Entwicklung anschaut, ein V und nicht ein U, wie man so schön sagt. Das heißt, wir sind sehr, sehr schnell nach diesen zwei schwierigen Jahren, 2022 wieder in die Erfolgsspur gekommen. Das hat sehr, sehr viel Vertrauen auf Seiten der Unternehmer aber auch auf Seiten der Gäste und der Regionen gebracht. Jetzt in Zusammenhang mit diesen Teuerungen … weniger die Energie, ich glaube da hat es wieder Vertrauen jetzt nach diesem Winter gegeben … Aber mit der Teuerung ist natürlich jetzt klar geworden, dass wir nicht mehr zurückkommen zu dem, was wir 2019 vor uns hatten, sondern wir in einer völlig neuen Situation sind. Und die Stimmung ist geprägt einerseits von Freude, dass die Nachfrage so groß ist, dass die Gäste auch so intensiv Österreich wieder besuchen; aber auf der anderen Seite von der Ungewissheit: Wie umgehen mit dem Thema Teuerung aber auch dem Thema Arbeitsmarkt? 

Nina Kraft: Du bist selbst im Tourismus groß geworden und hast selbst langjährige Erfahrung in der Tourismusbranche, insbesondere auch in der Hotellerie. Das heißt, du hast ganz genau verfolgen können, wie sich der Tourismus verändert hat. 

Susanne Kraus-Winkler: Das stimmt. Ich kann mich erinnern … Ich habe ja parallel zu meinem Studium immer im Betrieb meiner Eltern gearbeitet. Das war ein Vier Sterne Hotel am Stadtrand von Wien. Eines der ersten Seminarhotels. Und wie ich dort in der Rezeption begonnen habe hat es noch die alte NCR-Kassa gegeben, wo man zwar am Strom angeschlossen war, aber jeden Tag die Umsätze mit der Hand eintippen musste. Es hat das Telefax gegeben, wo wir Lochstreifen geschrieben haben und ganz euphorisch waren, dass wir damit die ganze Welt erreichen konnten und es hat die Kugelkopfschreibmaschinen von IBM gegeben, die wir schon als tolle Innovation befunden haben. Gäste hat es damals schon sehr viele gegeben. Mitarbeiter hat es damals etwas mehr gegeben. Es war aber vieles noch auf einem sehr viel einfacheren Niveau. Inzwischen haben wir sehr viel Innovation, sehr viel technologische Entwicklung, sehr viel mehr Wellness- und Thermenhotels, Vier- und Fünf Sterne Hotels, modernste Liftanlagen, toll präparierte Pisten … Ich kann mich erinnern, wie ich ein Kind war … Mein Vater ist am Arlberg noch mit den Skiern und den Fellen hinaufgegangen, weil es noch gar nicht so viele Lifte gab. Also es hat sich der Tourismus in dieser Zeit, zwischen 1970 bis heute, extrem verändert. 

Nina Kraft: Du hast es schon anklingen lassen: Mitarbeiter hat es damals etwas mehr gegeben. Und das bringt mich gleich zu deinem Thema, Martin. Arbeits- und Fachkräftemangel sind ganz klar in aller Munde. Wie wirkt sich das auf den Tourismus aus? 

Martin Kocher: Ja das ist natürlich eine schwierige Situation für viele Betriebe. Obwohl es auch damals zum Teil auch gar nicht so leicht war, Mitarbeiter zu bekommen. Aber es war sicher leichter, als das heute der Fall ist. Wir haben derzeit mehr Mitarbeiter im Tourismus im Dienstleistungsbereich als noch vor der Pandemie. Aber es gibt mehr Teilzeit und es gibt auch mehr Nachfrage nach Leistungen. Das ist an sich gut, aber ist natürlich für viele Betriebe eine ganz große Herausforderung. Und es ist glaube ich wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir diese Herausforderung nur gemeinsam stemmen können. Da müssen die Unternehmen mit der Politik zusammenarbeiten; es braucht gute Lösungen auf Unternehmensebene; es braucht gute Lösungen auf Ebene der Sozialpartner, was Löhne und die ganzen Kollektivvertragsaspekte betrifft; und es braucht natürlich auch politische Lösungen, wenn es um Qualifizierungen geht, wenn es um Vermittlung von Arbeitssuchenden geht, wenn es um Kinderbetreuung – ein ganz wichtiger Punkt – geht. Zum Beispiel auch zu zeigen, wo das vielleicht nicht so einfach ist … am Nachmittag, am Abend, gerade im ländlichen Raum. Und natürlich die Voraussetzungen für das Arbeiten im Alter; wann Saison ist; Quoten sind für den Tourismus ganz wichtig … Also die gesamte Bandbreite. Es ist leider so, dass gerade dieser Bereich einer ist, wo es nicht die eine einfache Lösung gibt, sondern wo wir wahrscheinlich in den nächsten Jahren jedes Jahr Schritte setzen müssen. Und wir versuchen wirklich – wir haben auch dieses Jahr schon mehrere Sachen ins Parlament gebracht – alle paar Monate einen Schritt zu setzen wo wir weiterkommen und am Arbeitsmarkt Dinge ändern, die eben dazu führen, dass mehr Leute in Beschäftigung kommen. 

Nina Kraft:      Und jetzt geht es eben darum, mehr Menschen für den Tourismus zu gewinnen. Ist der Tourismus überhaupt noch attraktiv genug? Eine Frage, die dir oft gestellt wird, Susanne. 

Susanne Kraus-Winkler: Eine Frage, die mir sehr oft gestellt wird und die ich in Wirklichkeit schon gar nicht mehr hören kann. Denn sie impliziert, dass der Tourismus nicht attraktiv ist. Und das stimmt so nicht. Der Tourismus ist eine Branche, die geprägt ist – vor allem Hotellerie und Gastronomie – von Arbeit mit Menschen am Menschen. Es ist geprägt von Arbeit in Teams. Es ist geprägt, von Arbeit, die sehr unmittelbar sehr viel Zufriedenheit produzieren kann, wenn man etwas mit Gästen gemeinsam macht; von viel Kreativität in der Küche. Wir haben tolle Köche in Österreich und tolle Restaurants, die unglaublich kreative Dinge mit den Produkten der Region produzieren. Tourismus hat viele tolle Dinge und es hat auch den Vorteil, dass Arbeitszeit sehr flexibel gestaltet werden kann. Also man kann, wenn jemand eher am Abend Zeit hat, dann kann er eher auch abends oder in der Nacht arbeiten. Ich habe so viele Studenten in meinem Leben erlebt, die entweder in der Nacht gearbeitet haben, weil sie tagsüber studiert haben und als Nachtportiers in den Hotels gearbeitet haben. Tourismus war auch immer eine Einstiegsbranche für viele Menschen. Entweder, weil sie es zusätzlich als Beschäftigung haben wollten, wie eben Studenten, die während ihrer Studienzeit gearbeitet haben. Aber auch für junge Frauen und für junge Menschen generell. Also Tourismus hat eine wahnsinnig große Vielfalt. Ja … Tourismus hat Arbeitszeit nicht 9 to 5 sondern quasi nach Art des Betriebes bis zu 24 Stunden und Samstag und Sonntag, also sieben Tage die Woche, und das ganze Jahr. Und wenn man das schon als negativ umsieht, dann stellt man immer die Frage: „Ist es attraktiv?“ Aber gleichzeitig wollen ja alle Menschen auch am Abend essen gehen, abends in eine Bar gehen, Urlaub machen, 24 Stunden betreut werden. Also es geht nur im Miteinander. Wir versuchen im Staatssekretariat sehr, sehr intensiv hier die Herausforderungen, vor denen wir derzeit stehen, in alle Richtungen zu kommunizieren. Sowohl in Richtung Unternehmer, als auch in Richtung Mitarbeiter. Wir haben auf drei Ebenen begonnen, die Bereiche Attraktivieren, Mobilisieren und Qualifizieren zu bearbeiten um eben noch mehr Menschen in den Tourismus zu bringen. Aber wir sind natürlich auch in einem gesellschaftlichen Wandel mit neuen Generationen, nach einer Pandemie und mit neuen Vorstellungen, was Arbeit betrifft. Und das ist ein sich aufeinander zubewegen und das braucht auch ein wenig Zeit. 

Nina Kraft: Aber das Thema Arbeitszeiten betrifft ja auch andere Branchen. Also das ist ja generell in der Diskussion. Aber hast du das Gefühl, dass es hier im Tourismus vielleicht auch ein Umdenken gibt, dass man hier diesen jüngeren Menschen gerecht werden kann und dass der Tourismus dadurch attraktiver wird? 

Susanne Kraus-Winkler: Also ich erlebe sehr, sehr viele Unternehmen, die hier ganz tolle neue Wege beschreiten. Mit Ausbildung, mit Wertschätzung, mit Führungskultur, mit Unternehmensstruktur, mit Integration von neuen digitalen Elementen in die tägliche Arbeit, mit den ganzen Nachhaltigkeitsthemen im Bereich der Ökologie. Es gibt so viele tolle Ansätze. Aber ja, einige müssen diesen Weg in diese Zukunft erst finden. Wir sind eben in einer Zeit der Veränderung und da müssen wir uns eben auch einstellen auf das, was diese Generationen in Zukunft wollen. 

Nina Kraft: Du bist viel in Betrieben unterwegs. Wie oft hört man das noch, dass Mitarbeitende sagen: „Ich arbeite dort, wo andere Urlaub machen.“ Also dieses Mindset auch haben. 

Susanne Kraus-Winkler: Das war ja ein positives Mindset. 

Nina Kraft: Genau. 

Susanne Kraus-Winkler: Das war ja auch das, was wir über Jahre auch versucht haben, den jungen Menschen zu erklären, dass sie damit einen tollen Arbeitsplatz haben. Das müssen wir auch wieder verstärkt den jungen Menschen sagen und sie müssen das wieder verstehen. Und das zweite ist: die ganze Welt steht ihnen in Wirklichkeit offen. Und das ist ein vice versa. Es kommt aus der ganzen Welt jemand zu uns und wir gehen in die ganze Welt hinaus. Gerade Tourismus verbindet Kulturen und Menschen auf eine ganz besondere Art. Und ich glaube das ist auch eine Kommunikationsaufgabe, die wir haben. Das gehört auch zu allen anderen Maßnahmen, die schon aufgezählt wurden, dazu. 

Nina Kraft: Jetzt haben wir über den Arbeitsmarkt und die wichtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesprochen. Worüber wir noch nicht gesprochen haben, ist der Gast. Wie schaut er denn aus, der Gast von heute? Aber auch der Gast von morgen. Wo kommt er her? 

Susanne Kraus-Winkler: Wenn man bei uns jetzt die Herkunftsstatistik ansieht, dann wissen wir, dass an erster Stelle bei uns Deutschland steht. Wir haben die meisten Gäste, die wir haben, in Deutschland. Winter wie Sommer. An zweiter Stelle steht in Wirklichkeit schon der österreichische Gast. Österreich liebt sein eigenes Land und hat durch die Pandemie wahrscheinlich noch viel mehr das Angebot, das wir haben, schätzen gelernt. An dritter Stelle stehen dann, je nach Saison, die Niederlande, Schweiz, Liechtenstein und UK. Aber es sind auch unsere Ostnachbarländer, wie Tschechien und Polen, die Österreich in den verschiedenen Saisonen bevorzugen. Wir haben zum Beispiel drei Millionen Nächte aus Tschechien. 

Nina Kraft: Aber was will dieser Gast von heute? Hat der vielleicht auch andere Ansprüche wie noch vor der Pandemie? 

Susanne Kraus-Winkler: Also das Thema Sicherheit, das ganz intensiv diskutiert wurde während der Pandemie, ist in irgendeiner Form geblieben. Aber in einem anderen Zugang. Also es ging nicht mehr um Desinfektion der Hände und Abstandhalten, sondern es geht jetzt darum, dass man Sicherheit bei der Dienstleistung, Sicherheit bei der Qualität dessen, was geboten wird und natürlich auch Sicherheit ein bisschen was das ganze Gesundheitsthema und so weiter betrifft. Aber das tritt mittlerweile in den Hintergrund. Was die Gäste sehr wohl wollen, ist ein gutes Service. Ein individuelles Service, ein Service, das auf ihre Wünsche eingeht. Die Individualität muss stärker berücksichtigt werden. Das hängt natürlich auch ein bisschen davon ab, in welchem Bereich sich der Gast befindet. Es ist ein Unterschied, ob er in einer Ferienwohnung wohnt oder in einem Fünf Sterne Hotel. 

Nina Kraft: Israel habt ihr schon angesprochen. Der Gast von morgen könnte zum Beispiel aus Israel kommen. Wie macht man den internationalen Touristen Österreich schmackhaft? Wie schaut das in der Praxis aus? 

Susanne Kraus-Winkler: Also da ist vordergründig die Österreich Werbung zuständig. Das ist eine ganz tolle Institution, die es schon seit vielen Jahren gibt. Die Österreich Werbung hat die Herkunftsmärkte, die wir in erster Linie bearbeiten, im Fokus. Es ist ein Team von zirka 220 Personen. Davon ist die Hälfte im Ausland tätig, in den Kernmärkten, die definiert wurden. Und die andere Hälfte ist in Wien tätig und macht von hier aus eben die Vorbereitungen für die Kommunikation, die Innovation, das Marketing, wie wir Österreich ideal auf den verschiedenen Märkten so positionieren, dass auch die Reisemotive perfekt bedient werden können.  

Nina Kraft: Neben Israel … Wo könnten wir sonst noch Touristen herbekommen? 

Susanne Kraus-Winkler: Naja, neben dem Hauptherkunftsmarkt Europa, wenn ich das so mal grob sagen darf, sind es natürlich auch einige Fernmärkte. Wir haben auf der einen Seite USA und auf der anderen Seite den asiatischen Markt. Immer stärker kommt jetzt auch der mittlere und der nahe Osten, wie vorhin angesprochen eben Israel. Aber wir sehen auch, dass dort sehr, sehr viel Öffnung gegenüber dem Tourismus stattfindet. Damit entsteht auch ein noch stärkerer Drang dieser Menschen auch, sich touristisch zu bewegen. Ich denke, dass wir auch in nächster Zeit sehr viel mehr Gäste aus Südamerika haben werden. Da ist immer größeres Interesse an unseren zwei Kernprodukten. Das ist dieses wundervolle Naturangebot, das wir haben, auf der einen Seite oder das Kulturangebot in dieser perfekten Konstellation mit einem sehr authentischen Gastronomie- und Hotellerie-Angebot. 

Nina Kraft: Martin, was bringt denn der heimische Tourismus unserer Wirtschaft und auch dem Bruttoinlandsprodukt? 

Martin Kocher: Ja, das ist natürlich immer wieder Diskussion. Wie viel ist es wirklich? Ich glaube die Zahlen sind jetzt gar nicht so wichtig. Die Berechnung von den direkten und indirekten Effekten zeigt uns, dass es ungefähr 7,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, also der Wirtschaftsleistung von Österreich, sind. Aber viel entscheidender ist glaube ich, dass es große Unterschiede gibt. Lokal natürlich. Und, dass auch dann, wenn man das Gewerbe und das Handwerk dazurechnet, die zum Beispiel Vorleistungen erbringen, renovieren und bauen, das viel, viel größer ist. Und in gewissen Tälern in Tirol oder in Salzburg sind es dann auch gleich einmal 20 Prozent oder 30 Prozent der Wirtschaftsleistung oder sogar mehr. Und es trägt damit dazu bei, dass am Land eine Wirtschaftsstruktur aufrechterhalten wird, dass Leute dort hinziehen, dass es keine Abwanderung in die Städte gibt … Also viele positive Aspekte, die oft vergessen werden, wenn man sich die reinen Zahlen ansieht. Und es trägt natürlich auch dazu bei – ganz, ganz wichtig – dass Österreich einfach um vieles internationaler ist als es wäre, wenn es den Tourismus nicht gäbe. Da geht es um Sprache, um Austausch und um Kultur. Also viele Dinge, die eben auch Österreich bereichern und die sonst sehr schwer durch öffentliche Hand bereitstellbar wären, wenn es nicht Tourismus in Österreich gäbe. 

Nina Kraft: Martin, auch du bist in einem Tourismusort groß geworden, in Salzburg. Du hast schon immer einen starken Bezug gehabt. Wie hast du das damals wahrgenommen das Thema Tourismus und Attraktivität? 

Martin Kocher: Ja, ich bin aufgewachsen in Altenmarkt am Zauchensee. Das ist ein Skiort aber auch im Sommer gibt es dort Tourismus. Es ist kein sehr großer Ort, aber er ist auch stark gewachsen durch den Tourismus. Mit einer Struktur, die so typisch ist für den Westen Österreichs: mit einem starken Tourismus aber auch starkes Gewerbe, ein bisschen Industrie; gar nicht so wenig. Es gibt eine große Skifabrik im Ort. Also all das kam zusammen und hat den Ort relativ erfolgreich gemacht. Persönlich war es so wie bei vielen anderen auch. Wir waren in einem Haus mit mehreren Generationen. Das haben meine Großeltern gemeinsam mit meinen Eltern gebaut. Und um das zu finanzieren, wurde am Anfang ein Zimmer privat vermietet als ich ein kleines Kind war. Und ich kann mich noch erinnern … Das war auch interessant. Denn das Zimmer war normal im Haus. Es gab keinen eigenen Eingang oder so; wie es sehr üblich war im Westen von Österreich, damals in den 70er-Jahren, Anfang der 80er-Jahre. Und das war die Möglichkeit, um ein größeres Haus zu bauen. Mit den Gästen war man sehr eng. Damit haben wir dann irgendwann aufgehört. Aber es war nicht ein sehr direkter Zugang zum Tourismus. Mein Vater wurde dann, als er ein bisschen älter war, auch Tourismusdirektor des Tourismusverbandes im Ort und dadurch habe ich auch relativ viel mitbekommen, was Tourismusstrategie betrifft und auch das Zusammenwirken von Hotellerie, Gastronomie und der Entwicklung eines Ortes. Also das war sehr interessant. Deswegen habe ich ein bisschen Bezug zum Tourismus. 

Nina Kraft: Eigentlich warst du Junior-Hotelier, oder? [lacht] 

Martin Kocher: [lacht] Ja … die Gäste in der Früh zu begrüßen beim Frühstück … genau … richtig … als Vier- oder Fünfjähriger. 

Nina Kraft: [lacht] Susanne, du lachst, oder? Kommt dir das bekannt vor? 

Susanne Kraus-Winkler: Ja! 

Nina Kraft: Also das kennst du auch, aus deiner …? 

Susanne Kraus-Winkler: Ja. Ich bin in einem Wirtshaus aufgewachsen. Die Wohnung war oben und die Küche war unten. Und das war die große Küche für alle, wo eben im Gasthaus gekocht wurde. Also es hat sich das Leben eigentlich zwischen Mitarbeitern und Gästen abgespielt. 

Nina Kraft: Und in der nächsten Folge des Zukunftschancen-Podcasts will ich euch von einer noch persönlicheren Seite kennenlernen. Es wird sogar tierisch persönlich. So viel können wir schon verraten. Ich sage vielen Dank fürs erste, Susanne und Martin. Dankeschön! 

Martin Kocher: Danke. 

Susanne Kraus Winkler: Danke. 

[Musik klingt aus]